Bist Du von Migräne betroffen und gerade schwanger? Vielleicht beschäftigt Dich der Gedanke an die bevorstehende Stillzeit oder Du überlegst, ob Du in der Stillzeit überhaupt stillen kannst. Eines ist ganz klar, es ist eine Zeit, die auch ohne Migräne ganz schön herausfordernd sein kann. Mit Migräne kommen Dir vielleicht zusätzliche Fragen in den Kopf. 'Was ist mit den Medikamenten?', 'Kann ich diese weiter nehmen?'
'Wie vermeide ich Auslöser für meine Migräne?'
'Was, wenn ich eine Attacke habe?'
'Wie beeinflusst das Stillen die Migräne?'
Ich habe mit Simone Bungarz überlegt, was für Dich wichtig sein könnte. Sie hat mir ein paar Fragen aus ihrer Community gestellt, die ich versuche für Dich zu beantworten:
Behandlung von Migräneattacken in der Schwangerschaft

Für viele Erkrankungen gibt es Leitlinien, so auch für die Behandlung von Migräne, hier findest Du einen Ausschnitt aus Empfehlungen der aktuellen Leitlinie:
'Leichte Migräneattacken können nicht medikamentös durch Reizabschirmung und Ruhe behandelt werden.'(Quelle: Leitlinie)
Zu Medikamenten berät die behandelnde Ärztin, bei Unsicherheit können Embryotox oder Reprotox zu Rate gezogen werden. Die Leitlinie enthält genauere Hinweise zu verschiedenen üblichen Medikamenten, die Du dort ausführlich nachlesen kannst.*
'Frauen, die während der Schwangerschaft unter schwerer Übelkeit und Erbrechen leiden, haben eine
schlechte Lebensqualität und ein erhöhtes Risiko für mütterliche und fötale Komplikationen'(Quelle: Leitlinie), daher lohnt es sich, das mit Deiner Ärztin genau abzusprechen, damit Du gut versorgt bist und Dich sicher fühlen kannst.
*Warum Du hier nichts zu konkreten Medikamenten liest? Weil Beratung zu Medikamenten in ärztliche Hand gehört. Nicht alles haben Ärzte bezüglich des Stillens parat, das ist nicht schlimm, denn die o.g. Beratungsstellen helfen euch weiter, um einen individuellen und sicheren Weg für Dich und Dein Baby zu finden.
Behandlung der Migräneattacke in der Stillzeit

Empfehlungen aus der Leitlinie:
'Wenn immer möglich, sollten leichte Migräneattacken während der Stillzeit nicht medikamentös durch Reizabschirmung, Ruhe, Entspannung und Eispackungen behandelt werden.'(Quelle: Leitlinie)
Auch in der Stillzeit verweise ich zur Einnahme von Medikamenten auf die behandelnde Ärztin oder o.g. Beratungsstellen sowie die Leitlinie. Zögere nicht die Beratungsstellen anzuschreiben, diese können Dich mit aktuellen Empfehlungen versorgen, damit Du einen guten Weg gemeinsam mit Deiner behandelnden Ärztin finden kannst.
In der Stillzeit bekommst Du Rat bei Reprotox, das geht ganz leicht, per email.
Wir haben eine Studie von 2024 gefunden, die folgendes zeigt:
'Frauen mit Migräne stillen ihre Säuglinge kürzer als Frauen ohne Migräne, was darauf hindeutet, dass diese Bevölkerungsgruppe besser unterstützt werden muss, indem sie über die Sicherheit und die Vorteile des ausschließlichen Stillens aufgeklärt wird und einen besseren Zugang zu einer sicheren und wirksamen Behandlung der Migräne bei Stillenden erhält.'
Quelle: Manav et al. 'Association between migraine and exclusive breastfeeding: A cross-sectional study', Headache, 2024
Verschlimmert sich die Migräne durch das Stillen oder wird sie dadurch besser?
Zu diesem Thema haben wir mehrere Studien gefunden, die eher darauf hindeuten, dass das Stillen die Migräne nicht verschlechtert, sondern einen gewissen Schutz bietet.
'Nach einer multivariablen Analyse waren ausschließliches Stillen, keine Stillprobleme und ein niedriges Einkommen mit einem Rückgang der Migräne-Rezidive in der ersten postpartalen Woche verbunden. In der vierten Woche erwies sich das ausschließliche Stillen weiterhin als Schutzfaktor....Ein weiterer Vorteil des ausschließlichen Stillens [neben zahlreicher anderer] scheint ein Rückgang der postpartalen Migräne-Rezidive zu sein.'
Quelle: Diégues Serva, et al.'Exclusive breastfeeding protects against postpartum migraine recurrence attacks?' Neuro-Psiquiatr., 20212
'Wir stellten fest, dass bei 85% der Migränepatientinnen während der Schwangerschaft eine Remission eintrat und dass bei mehr als 50% im ersten Monat nach der Geburt ein Rezidiv auftrat. Bis sechs Monate nach der Geburt ist das Stillen mit einer geringeren Rezidivrate verbunden als das Füttern mit der Flasche.'
Quelle: Hoshiyama, et al. 'Postpartum migraines: a long-term prospective study', Intern med, 2012
'Migräne und Migräneaura können zum ersten Mal während der Schwangerschaft und im Wochenbett auftreten. In diesen Zeiträumen besteht auch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie und eines zerebrovaskulären Kopfschmerzes. Neu auftretende oder refraktäre Kopfschmerzen, Bluthochdruck und abnorme neurologische Symptome sind wichtige Warnzeichen, die es zu beachten gilt... Eine unbehandelte Migräne kann zu Frühgeburten, Präeklampsie und einem niedrigen Geburtsgewicht des Kindes führen. Verhaltensmaßnahmen und Änderungen des Lebensstils sind der Grundstein für die Migränebehandlung während der Schwangerschaft. Darüber hinaus sollten die Risiken und die Wirksamkeit jeder Behandlung während der Schwangerschaft individuell abgewogen werden. Der schützende Charakter des Stillens bei Migräne ist umstritten, aber es gibt keine Hinweise darauf, dass Stillen die Migräne verschlimmert. Für stillende Mütter stehen Optionen zur akuten und präventiven Behandlung der Migräne zur Verfügung. Neuromodulation und Neurostimulationsgeräte sind zusätzliche Optionen für die Behandlung während der Schwangerschaft und Stillzeit...'
Quelle: Parikh, et al 'Managing migraine in pregnancy and breastfeeding', Prog Brain Res, 2020
Gibt es Tipps zum Stillen in der Nacht?
Dass Säuglinge nachts gestillt werden wollen, ist völlig normal. Sie erhalten auf diese Weise ausreichend Nahrung und halten die Milchmenge aufrecht. Daher kann es gut sein, dass Dein Baby nachts öfter gestillt werden möchte, als Du vielleicht annimmst.
Kleine Babys stillen zwischen 10-12x in 24 Stunden. Auch ältere Kinder beruhigen sich gerne nachts an der Brust und stillen so auch ihren Hunger und ihren Durst. Dieses Verhalten zeigen viele, auch über den 6. Lebensmonat hinaus, und es ist ein normales Verhalten. Wenn Dein Kind schon längere Phasen ohne gestillt zu werden, schlafen kann, ist das natürlich auch prima, solange es gut zunimmt, genieße das!
Um selbst ausreichend Ruhe in der Nacht zu bekommen, ist es gut, wenn Du Dir von Deiner Hebamme oder einer Stillberaterin vor Ort das Stillen im Liegen zeigen lässt, so dass Du, wenn Du etwas Routine hast, nachts nicht aufstehen und auch nicht im Sitzen stillen musst. So kannst Du, wenn Du und Dein Baby etwas geübter sind, einfach während des Stillens etwas Schlaf tanken.*
*Dabei beachtest Du die Maßnahmen zum sicheren Babyschlaf.
Kann sich mein eigener Stress/meine Angst vor der nächsten Migräne auf die Milchbildung auswirken?
Ja, Stress kann über verschiedene Mechanismen durchaus dazu führen, dass Deine Milchmenge niedriger ausfällt, als gewünscht, wie ein Review aus 2021 zeigt:
'Es gibt Belege dafür, dass psychische Belastungen eine Rolle bei verschiedenen Stillergebnissen spielen, einschließlich einer verzögerten Milchausschüttung und einer verkürzten Dauer des ausschließlichen Stillens. Ein physiologischer Mechanismus, der zur Erklärung dieser Zusammenhänge vorgeschlagen wird, besteht darin, dass psychische Belastung die Freisetzung von Oxytocin beeinträchtigen kann, einem Hormon, das eine entscheidende Rolle beim Milchspendereflex (MSR) während der Stillzeit spielt. Eine anhaltende Beeinträchtigung des MSR kann zu einer verminderten Milchproduktion führen, da sich die Brust bei jeder Stillmahlzeit unvollständig entleert.
Mütterlicher Stress kann auch zu erhöhten Cortisolspiegeln im Serum und einer verminderten Insulinsensitivität führen, die mit einer verringerten Milchproduktion einhergehen können. Der Zusammenhang zwischen psychischer Belastung und Stillen ist jedoch wahrscheinlich bidirektional, da das Stillen die mütterliche Belastung zu verringern scheint, möglicherweise wiederum über die Auswirkungen auf die Lust/Belohnung und die beruhigende Wirkung von Oxytocin auf die Mutter. Dies deutet darauf hin, dass Maßnahmen zur Unterstützung der Stillzeit und der Stillziele bei Frauen, die hohe Werte bei der Messung der psychischen Belastung aufweisen, sowohl für das mütterliche als auch für das kindliche Wohlbefinden von Vorteil wären.'
Quelle: Nagel, et al 'Maternal psychological distress and lactation and breastfeeding outcomes: A narrative review', Clin Ther, 2021
Daher ist es sinnvoll bereits im Vorfeld der Stillzeit zu überlegen, wer im Umfeld zur Verfügung steht, um Dich als Stillende zu entlasten, um so vermeidbaren Stress zu reduzieren.
- Was sind besondere Stressfaktoren für Dich?
- Wer kann Dir Aufgaben abnehmen?
- Welche Routinen benötigst Du?
- Wieviel Schlaf brauchst Du? Wer kann Dein Kind beaufsichtigen während Du schläfst?
- Informiere Dich über bequeme Tragehilfen, Stillkissen, um entspannt stillen zu können.
- Was kannst Du in der Schwangerschaft bereits erledigen, was später mit Baby mühsam ist? (Anträge ausfüllen/Vorräte anlegen...)
Wie kann ich im Liegen stillen?
Hier findest Du einen guten Überblick über das Anlegen und Positionieren Deines Babys.
Hier und hier findest Du schöne Handouts zum Thema Stillpositionen.
Wenn Du beim Anlegen Deines Babys feststellst, dass es nicht bequem ist, bitte hole Dir Hilfe von Deiner Hebamme oder einer Stillberaterin, damit ihr es in der Stillzeit bequem haben könnt!
Wie kann ich Druck rausnehmen? Ich will unbedingt stillen, aber habe Angst, dass meine Migräne mich hindert und die Stillbeziehung negativ beeinflusst.
Es ist nicht zu überlesen überall steht es: 'Stillen ist das Beste für Mutter und Kind'.
Das erzeugt einen großen Druck. Wenn Du Dich in einer besonderen Situation befindest, und das tust Du mit Sicherheit, wenn Du unter Migräne leidest, dann gilt es individuelle Wege zu finden.
Individuell ist das Beste für Mutter und Kind.
Was hat Dein Kind davon, wenn Du nicht mehr kannst? Deswegen, rate ich, besuche einen Stillvorbereitungskurs, wenn Dir das Stillen wichtig ist und lese zu diesem Thema während der Schwangerschaft, so, dass Du gut vorbereitet bist. Denn Wissen schützt vor Stolperfallen und die gibt es beim Stillen zu Hauf. Ich habe auf meinem Instagram Profil zahlreiche Infos für Dich zusammen gestellt. Falls Du keinen Kurs besuchen kannst, hast Du hier die Möglichkeit ein paar Skipte zu bestellen.
Druck nimmst Du raus, indem Du informiert in die Stillzeit gehst und Dir ein Umfeld schaffst, das Dich in Deinen Zielen unterstützt. Nimm im Vorfeld Kontakt auf zu Personen, die Dir helfen dürfen. Lerne sie vorab kennen. Organisiere Deinen Familien- und Freundeskreis so, dass Du dann in der Stillzeit auf die Menschen zurückgreifen kannst und sie wissen, was Dir wichtig ist. Und dann? Dann lass es auf Dich zu kommen und schau wie es Dir geht.
Entscheide dann im Moment, was für Dich das Beste ist, denn das ist auch das Beste für Dein Kind.
Wie geht das mit dem Abpumpen?
Die Option eigene Milch abzupumpen ist für Dich vielleicht eine gute Möglichkeit Dein Kind mit Deiner Milch zu versorgen (bzw. versorgen zu lassen) wenn es Dir nicht gut geht. Man denkt dabei schnell an eine Babyflasche. Es gibt allerdings Methoden abgepumpte Milch oder auch künstliche Säuglingsnahrung zuzufüttern, die das Stillen weniger behindern. Dazu kannst Du Dich hier informieren: Stillfreundliche Zufütterungsmethoden.
Eine gute Übersicht zum Thema Abpumpen findest Du hier: ELACTA
Und hier findest Du einen ausführlichen Artikel, was Du beim Abpumpen alles beachten kannst. Von Gewinnen der Milch bis hin zum Aufbewahren.
Dein Baby kann von Deiner Partnerin oder Deinem Partner Deine abgepumpte Milch genauso gut erhalten, wie von einer anderen Bezugsperson. Das ist eine gute Option Dich zu entlasten und in Momenten, in denen Du nicht kannst zu wissen, dass Dein Kind gut versorgt ist.
Wie finde ich eine passende Pumpe?
Es gibt viele verschiedene Pumpen. Hier findest Du einen Überblick über die möglichen Optionen.
Kann man in der Trage stillen?
Ja, man kann in der Trage wunderbar stillen. Es erfordert etwas Übung und mit der Zeit gelingt es Dir bestimmt. Lockere dazu die Träger Deiner Trage etwas so, dass Dein Baby etwas tiefer rutscht und weiterhin angehockt in der Trage sitzt. Du trägst am besten einen Still-BH der sich leicht durch seitliches Verschieben öffnen lässt , wie zum Beispiel von Bravado, und hilfst Deinem Baby, indem Du Deine Brust seitlich etwas vorformst, so dass es sie gut erfassen kann.